Botengänger zwischen Darm und Gehirn jetzt sichtbar gemacht
GesundheitsnewsStudien 5. November 2021 Dr. Polwin-Plass Lydia
Erstmals sichtbar gemacht wurden T-Zellen, die vom Darm und der Haut aus ins Zentrale Nervensystem wandern. Dass eine Verbindung zwischen dem Darm-Mikrobiom und dem Zentralen Nervensystem (ZNS) besteht, ist schon länger ist bekannt. Bisher war es allerdings nicht gelungen, die Immunzellen zu zeigen, die vom Darm ins ZNS und damit ins Hirn wandern. Ein Münchner Forschungsteam konnte nun die Wanderung der T-Zellen mit violettem Licht erstmals sichtbar machen. Dies kann die Basis für neue Therapiemöglichkeiten bei Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) oder Krebs sein.
Die sogenannte „Darm-Hirn-Achse“ stellt die Verbindung zwischen dem Darm-Mikrobiom und dem ZNS dar und wird für vieles mitverantwortlich gemacht: Zum Beispiel für das Gewicht eines Menschen, für Autoimmunerkrankungen, Depressionen, psychische Erkrankungen oder Alzheimer. Dass Forscherinnen und Forscher der Technischen Universität München (TUM) und des LMU Klinikums München diese Verbindung nun erstmals sichtbar machen konnten, gibt Anlass zur Hoffnung – etwa für MS-Erkrankte: Therapien könnten eventuell angepasst und die T-Zellen möglicherweise vor dem Eintreffen im Gehirn verändert werden.
Hoffnung bei MS
T-Zellen sammeln Informationen und transportieren diese bei Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose in das Zentrale Nervensystem, also ins Gehirn und Rückenmark, wo dann eine Immunreaktion ausgelöst wird. Wie und von welchem Ausgangspunkt die T-Zellen tatsächlich ins ZNS gelangen, war allerdings lange unklar.
Das Team um Thomas Korn, Professor für Experimentelle Neuroimmunologie an der TUM, konnte mit violettem Licht T-Zellen so sichtbar machen. In Lymphknoten, Darm und in der Haut. T-Zellen aus der Haut wanderten in die graue und weiße Substanz des Zentralen Nervensystems, T-Zellen aus dem Darm fast ausschließlich in die weiße Substanz. Bei den T-Zellen im Gehirn konnte ihre Herkunft immer noch abgelesen werden.
Ansatzpunkt für künftige Therapien
Eine wichtige Erkenntnis für Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose: „Wüßte man nämlich, ob Darm- oder Hautzellen die Erkrankung ausgelöst haben, könnte man die T-Zellen am Ausgangspunkt der Erkrankung behandeln und Vorhersagen für das Fortschreiten der chronischen Entzündung und der Autoimmunität treffen“ erläutert Michael Hiltensperger, Erstautor der Studie. Auch für andere Autoimmunerkrankungen oder Krebs könnten die Erkenntnisse einen Durchbruch für die Therapie bedeuten.
Headerbild:
Prof. Thomas Korn, Immunologe erforscht die Rolle des Immunsystems bei der neurodegenerativen Erkrankung Multiple Sklerose. Fotografiert fŸr Faszination Forschung Herbst 2015 © Magdalena Jooss /TUM