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Der mangelnde Nichtraucherschutz in Deutschland ist unverantwortlich Der mangelnde Nichtraucherschutz in Deutschland ist unverantwortlich
Fast alle EU Länder haben es mittlerweile geschafft, das rigorose Rauchverbot ohne Ausnahmen und Sondergenehmigungen bundesweit durchzusetzen. Nur in Deutschland ist die Angelegenheit Ländersache... Der mangelnde Nichtraucherschutz in Deutschland ist unverantwortlich

Fast alle EU Länder haben es mittlerweile geschafft, das rigorose Rauchverbot ohne Ausnahmen und Sondergenehmigungen bundesweit durchzusetzen. Nur in Deutschland ist die Angelegenheit Ländersache und funktioniert so gut wie gar nicht.

Rauchverbote werden in der Bundesrepublik nur uneinheitlich geregelt. Wie auch bei der Durchsetzung von Tempolimits auf den Straßen, hinken wir auch im Nichtraucher- und Jugendschutz den anderen EU-Ländern weit hinterher. Nur in Bayern, Nordrhein-Westfalen und im Saarland gibt es einen ernstzunehmenden Nichtraucherschutz. Dabei sterben jährlich laut Bundesministerium für Gesundheit in Deutschland über 127.000 Menschen an den Folgen des Tabakkonsums. Die unzähligen Raucherlokale, die anhand von Sondergenehmigungen und Ausnahmeregelungen in vielen Bundesländern ihren Gästen immer noch das Rauchen , erlauben, tragen mit Sicherheit massiv dazu bei.

In den letzten Monaten haben wir mehrere dieser so genannten Raucherclubs und Lokale besucht, um zu beobachten, wie viele Gäste dort tatsächlich Raucher sind und wie viele nur widerwillig den Passivrauch erdulden müssen. Von 20 Gästen waren es durchschnittlich drei, die tatsächlich rauchten. Alle anderen waren gezwungen passiv den Rauch ihrer Mitmenschen einzuatmen. Wenn man sie um ihre Meinung dazu befragte, sagten die meisten: „Die Rauchbelastung ist sehr lästig und unangenehm, aber was sollen wir tun?

Das Argument, Nichtraucher müssten ja nicht mitkommen, würde mangels Alternativen in einer Gruppe von Menschen die Nichtraucher unweigerlich ins Out drängen, selbst wenn sie eigentlich eindeutig in der Mehrheit sind. Exklusion statt Inklusion? Erinnern wir uns: Durchgesetzt haben sich auch schon in unserer frühesten Jugend immer die Raucher, da sie ja von einer äußerst hartnäckigen Sucht getrieben werden. Die Rückfallsquote bei Nikotinsucht gilt tatsächlich als höher als bei Heroin und liegt nach neuesten Untersuchungen bereits in der ersten Woche bei 65%. In der Regel ist die körperliche Abhängigkeit der Nikotinsucht nach etwa zwei Wochen überstanden, die psychische allerdings bleibt noch lange bestehen.

Infolge des mangelnden Nichtraucherschutzes, liegt die Raucherquote hierzulande immer noch bei 25 Prozent. Eine Schande! „Dass vor allem junge Menschen wieder mehr und vor allem regelmäßig rauchen, ist besorgniserregend“, so Michael Falkenstein, KKH-Experte für Suchtfragen.

Zigarettenrauch ist eine der häufigsten Ursachen für einen Herzinfarkt

Laut der Plattform „Internisten im Netz“ kostet der mangelnde Nichtraucherschutz in Deutschland jährlich Tausende das Leben.

Ein konsequentes und rigorosen Rauchverbot könnte rund „40 000 Herzinfarkte im Jahr verhindern und somit mehr als 21 000 Menschen das Leben retten. Kardiologen fordern daher einen umfassenden Schutz von Nichtrauchern in der Öffentlichkeit.“

Doch die Realität sieht leider düster aus. Schauplatz Frankfurt Alt Sachsenhausen. Hier muss man mittlerweile verzweifelt nach einem Lokal suchen, in dem NICHT! geraucht werden darf. Koblenz Innenstadt dasselbe. Nichtraucher haben kaum eine Chance mit ihren Freunden abends fortzugehen, ohne in Clubs und Lokalen vollgequalmt zu werden. Auch in Berlin sieht es nicht besser aus.

Beim Passivrauchen sind jedoch bereits geringe Mengen Zigarettenqualm gefährlich. Passivraucher, die einer erheblichen Rauchbelastung ausgesetzt sind, haben  einer US-Studie zufolge das gleiche Risiko, eine Herzerkrankung zu entwickeln wie Menschen, die bis zu 9 Zigaretten am Tag rauchen – und das vollkommen unverschuldet. „Bereits eine Stunde Passivrauchen am Tag kann bei einem Risikopatienten einen Herzinfarkt auslösen. Innerhalb von wenigen Minuten erhöht der mit 2 000 Giftstoffen angereicherte Zigarettenqualm den Blutdruck, macht das Blut zähflüssig, schädigt die Gefäßwände und verschlechtert die Sauerstoffversorgung des Körpers, was eine Erhöhung des Infarktrisikos nach sich zieht. Es gibt kein risikofreies Niveau beim Passivrauchen„, warnt BNK-Experte Dr. Heribert Brück gegenüber Internisten im Netz.

Passivrauch ist keine Belästigung, sondern Körperverletzung

Anderen den eigenen Zigarettenqualm zuzumuten, ist kein Kavaliersdelikt, denn dieses Verhalten gefährdet hochgradig die Gesundheit anderer Menschen – in vielen Fällen sogar mit Todesfolge. Dass man dafür als Verursacher nicht belangt werden kann, mindert nicht die Schuld. Doch solange es für Gastwirte die Möglichkeit gibt, sich Sondergenehmigungen zu holen, tun sie es auch. Ohne einheitliche Regelung ohne „wenn und aber“ wäre die einzige Möglichkeit, allen Clubinhabern den Schritt zum rigorosen Rauchverbot in ihren Lokalitäten zu erleichtern und ihren rauchenden Stammgästen gegenüber zu verargumentieren. Dabei zeigt sich auch noch ganz klar, dass die Lokale heutzutage deutlich besser besucht wären, gäbe es keine Rauchbelästigung. Bei einer kleinen Umfrage in meiner Umgebung habe ich herausgefunden, dass fast alle Befragten Lokale bevorzugen, in denen NICHT geraucht wird. Und darüber waren sich zu 95 % Raucher und Nichtraucher einig. Die Hauptargumente: man fühlt sich am Tag danach verkatert, ohne über den Durst getrunken zu haben, Husten, gesundheitliche Gründe, die Klamotten stinken, die Haut juckt, die Augen brennen, die Haare stinken, etc.

Warum aber schließt sich Deutschland nicht endlich dem Vorbild der anderen EU-Länder an und führt das ausnahmslose rigorose Rauchverbot in der gesamten Gastronomie einschließlich aller Clubs ein? Dazu gibt es einen mehr als befremdlichen Grund: Laut Magazin mybrainmychoice.de verkaufen sich die politischen Parteien seit vielen Jahren an die Tabakindustrie und nehmen von ihr großzügige Parteispenden an.

Politische Parteien nehmen Geld von Tabakindustrie

Unter dem Titel: „Immobilienlobby, Tabakindustrie, Versicherungen: Von wem die Parteien Geld bekamen“ veröffentlichte die Plattform Abgeordnetenwatch die Spendenlisten der Parlamentsverwaltung. Besonders hohe Beträge flossen an CSU und CDU. Wer wundert sich dann noch? Solange sich Parteien von Unternehmen – drücken wir es mal lieber vorsichtig aus – „unterstützen“ lassen dürfen, müssen wir in diesem Land wohl noch lange auf effektiven und kompromisslosen Nichtraucherschutz warten. Traurig!

Danke an alle Clubs und Lokale, die sich trotz der schwammigen Gesetze aktiv und freiwillig am Nichtraucherschutz beteiligen.

Headerbild / Bild von Ralf Kunze auf Pixabay

Dr. Polwin-Plass Lydia Inhaberin und Chefredakteurin

Als promovierte Journalistin / Publizistin und Pressefotografin befasse ich mich mit verschiedenen Themenschwerpunkten: Vertrieb, Marketing, Bildung, Arbeitsmarkt, Kultur und Alternativmedizin. Zu medizinischen Themen konnte ich mir im Laufe der Jahre durch Recherche, Lektüre und das Verfassen zahlreicher Gesundheitsbroschüren viel Wissen und Erfahrung aneignen. Im Frühjahr 2015 gründete ich mein erstes Online Magazin "Metalogy.de" und 2019 folgte "Gesund heute und morgen".