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EU-Pläne zur Pestizidreduktion durch irreführende Berechnung gefährdet EU-Pläne zur Pestizidreduktion durch irreführende Berechnung gefährdet
Bis 2030 soll laut Entwurf einer neuen EU-Verordnung der Pestizideinsatz halbiert werden. Was sowieso schon nicht ausreichend erscheint, wird auch noch durch suspekte Berechnung... EU-Pläne zur Pestizidreduktion durch irreführende Berechnung gefährdet

Bis 2030 soll laut Entwurf einer neuen EU-Verordnung der Pestizideinsatz halbiert werden. Was sowieso schon nicht ausreichend erscheint, wird auch noch durch suspekte Berechnung gefährdet. Denn überprüft oll das Ziel mit der Verkaufsmenge der Pestizide werden. Aus Sicht des UBA ist diese Methode irreführend, da nicht mehr genehmigte Wirkstoffe rückwirkend und zu hoch gewichtet werden. Abnehmende Verkaufszahlen würden so eine Trendabnahme anzeigen, die auf dem Acker nicht stattfindet.

Am 24. Oktober 2023 stimmte der Umweltausschuss des EU-Parlaments über eine neue Verordnung ab, die den Pestizideinsatz bis 2030 halbieren soll. Dazu ⁠UBA⁠-Präsident Dirk Messner: „Der Erhalt der Artenvielfalt ist neben der Klimakrise die größte Herausforderung der Menschheit. Das Gelingen der SUR-Verordnung entscheidet darüber, ob wir dem Artensterben im Agrarraum etwas entgegensetzen. Die nun im Ausschuss abgestimmte Position hat aber noch entscheidende Schwachstellen, allen voran die Methode, mit der der Fortschritt gemessen werden soll. Hier sollte nachgebessert werden.“

Um zu überprüfen, ob der Pestizideinsatz bis 2030 auch wirklich halbiert wird, sieht die SUR- Verordnung derzeit den Harmonised Risk Indicator (HRI1 nach Annex 1) vor. Dieser ⁠wird auch von der Europäischen Kommission und dem Umweltausschuss des Europäischen Parlaments befürwortet. Allerdings ist er aus Sicht des UBA  nicht geeignet, da er eine Abnahme des Pestizideinsatzes errechnet, wo real keine ist. Das würde den Sinn der geplanten Verordnung aushöhlen. Die Konsequenz: Das Artensterben im Agrarraum würde trotz guter Zahlen auf dem Papier in der Praxis nicht weiter verhindert. Diese Kritik am Indikator wurde vom Europäischen Rechnungshof und UBA bereits mehrfach vorgetragen.

Eine Pestizidreduktion auf dem Papier schützt die Umwelt nicht

Dass der Indikator einzig auf den Verkaufsmengen basiert, ist wenig sinnvoll. Denn je wirksamer und damit auch giftiger ein Pestizid ist, desto geringer sind seine Einsatz- und Verkaufsmengen und damit sein rechnerischer Beitrag zum Gesamtrisiko. Die Folge ist: hochwirksame und giftige Insektizide fließen kaum in die Berechnung ein. ⁠Herbizide⁠ oder Wirkstoffe natürlichen Ursprungs hingegen, die in viel größeren Mengen eingesetzt werden müssen, um wirksam zu sein, dominieren den ⁠Trend⁠. Stoffe wie Schwefel würden damit die Rangliste der gefährlichsten⁠Pestizide⁠ anführen und nicht etwa hochgiftige Insektizide, wie Pyrethroide.

Statt wie beschrieben die Wirksamkeit und damit die Giftigkeit von Pestiziden zu berücksichtigen, werden die Verkaufsmengen mit nicht nachvollziehbaren Gewichtungsfaktoren multipliziert. Besonders gravierend ist die Auswirkung durch eine sehr hohe Gewichtung von nicht-genehmigten Wirkstoffen. Denn bei Wirkstoffen, die ihre Genehmigung verlieren, gehen die Verkaufszahlen stark zurück. Diese zurückgehenden Verkaufszahlen werden nun rückwirkend deutlich höher gewichtet: Für die Jahre vor Genehmigungsende – in denen der ⁠Stoff⁠ noch viel verkauft wird – ergibt sich so ein überproportional hohes berechnetes Risiko. Ab dem Tag, an dem die Genehmigung ausläuft und die Verkaufszahlen heruntergehen, nimmt das berechnete Risiko schlagartig ab. Dieser Rückgang schlägt als enormer Erfolg der Pestizidreduktion zu Buche, geht allerdings einzig auf den übermäßig hohen Gewichtungsfaktor zurück.

Das Ziel der SUR wäre damit auf dem Papier bereits kurz nach ihrer Verabschiedung erreicht, ohne dass real eine Senkung des Pestizideinsatzes stattfindet.

Quelle und Grafik: UBA

Dr. Polwin-Plass Lydia Inhaberin und Chefredakteurin

Als promovierte Journalistin / Publizistin und Pressefotografin befasse ich mich mit verschiedenen Themenschwerpunkten: Vertrieb, Marketing, Bildung, Arbeitsmarkt, Kultur und Alternativmedizin. Zu medizinischen Themen konnte ich mir im Laufe der Jahre durch Recherche, Lektüre und das Verfassen zahlreicher Gesundheitsbroschüren viel Wissen und Erfahrung aneignen. Im Frühjahr 2015 gründete ich mein erstes Online Magazin "Metalogy.de" und 2019 folgte "Gesund heute und morgen".