Kardiomyopathie (HCM) – Schlüssel für maßgeschneiderte Therapie entdeckt
GesundheitsnewsStudien 1. März 2020 Dr. Polwin-Plass Lydia
Forscher des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) fanden die Ursache für hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) und damit die Chance für maßgeschneiderte Medikamente. Dafür bekamen sie den Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung.
Ein bestimmter molekularer Mechanismus ist Verursacher der Herzmuskelerkrankung hypertrophe Kardiomyopathie (HCM). Das fanden Forscher vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) heraus. Das Hamburger Duo legte mit Ihrer Entdeckung den Grundstein für individualisierte Therapie bei genetischen Herzerkrankungen* Der Mediziner Dr. Marc D. Lemoine, Klinik für Kardiologie mit Schwerpunkt Elektrophysiologie, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, und der Biologe Dr. Maksymilian Prondzynski, Institut für experimentelle Pharmakologie und Toxikologie, haben dafür Wilhelm P. Winterstein-Preis der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de) erhalten.
In Deutschland leiden über 160.000 Menschen an der HCM, der häufigsten erblichen Herzerkrankung. Hauptproblem dabei ist eine verdickte Wand der linken Herzkammer. Im Laufe der Erkrankung kann die HCM zu Luftnot und Herzrhythmusstörungen führen. im schlimmsten Fall sogar zum plötzlichen Herztod. „Nur mit Hilfe wirkungsvoller Behandlungsmethoden lassen sich die bedrohlichen Folgen der HCM verhindern. Passgenaue Therapieansätze zur gezielten Bekämpfung der HCM sind daher dringend notwendig. Mit ihrer prämierten Arbeit sind die beiden Forscher den Ursachen der HCM auf die Spur gekommen – eine vielversprechende Basis für neue Behandlungsstrategien gegen die HCM,“ so Prof. Dr. med. Dietrich Andresen, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung.
Zufallsentdeckung
Insgesamt sind auf 27 verschiedenen Genen 1.500 Gendefekte registriert, die die HCM auslösen können. So war das Gen namens „ACTN2“ den Medizinern bekannt. Es enthält Informationen zur Herstellung eines Proteins, das für die Zellstruktur verantwortlich ist. Den Defekt jedoch kannten Dr. Lemoine und Dr. Prondzynski nicht. Nach der Entnahme von Hautzellen einer Patientin gelang es den Experten daraus Herzzellen zu züchten. Der Gendefekt, vererbt sich von Zelle zu Zelle weiter.
Das künstliche Laborherz
Um die Funktion dieses Gendefekts besser zuordnen zu können, stellten die Wissenschaftler aus Millionen dieser Herzzellen ein künstliches Herzgewebe her. „Es kontrahiert wie ein richtiges Herz und zieht sich auf elektrische Reize hin zusammen“, erklärt Dr. Prondzynski. Um die kranken Herzzellen mit einer gesunden Kontrolle vergleichen zu können, korrigierten die Forscher mithilfe einer so genannten Genschere (CRISPR/CAS9) die Mutation in den Stammzellen.
Das Ergebnis: Die Kontraktionen der kranken Herzzellen waren stärker und dauerten länger als bei den gesunden. Die Forscher vermuten: Der neu erkannte Gendefekt bewirkt, dass das für die Zellstruktur verantwortliche Protein fehlerhaft ist und seine Funktion nicht richtig ausüben kann. Daraus resultiert, dass vermehrt Kalziumionen in die Herzzellen einströmen und die elektrische Erregungsleitung und Kontraktionszeit verlängern. So erhöht sich die Gefahr für Extrasystolen. Dazu Dr. Lemoine: „Dies könnte ein Grund für Herzrhythmusstörungen bei HCM-Betroffenen sein.“
Maßgeschneiderte Medizin
Dr. Lemoine und Dr. Prondzynski testeten im nächsten Schritt, wie das kranke Laborherz auf Diltiazem reagiert auf einen Arzneistoff, der den Kalziumstrom bremst. Mit Erfolg. Die behandelnden Ärzte verabreichten im nächsten Schritt den von HCM betroffenen Familienmitgliedern Diltiazem. Ihre EKGs normalisierten sich.
Der Wilhelm P. Winterstein-Preis
Der Wilhelm P. Winterstein-Preis wird alljährlich für eine wissenschaftlich herausragende Arbeit auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen vergeben.
*Prondzynski M., Lemoine M. et al. Disease modeling reveals causative role for an α-actinin 2 mutation and a diltiazem-reversible long QT phenotype in hypertrophic cardiomyopathy – an example of personalized medicine.
Headerbild: forschung-winterstein-preis-2019-a_Quelle_Herzstiftung