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Rezension Teil 1 zum Buch „Starke Abwehr“ von Matt Richtel Rezension Teil 1 zum Buch „Starke Abwehr“ von Matt Richtel
Matt Richtel ist Pullitzerpreisträger und Bestsellerautor. Er schreibt in seinem Buch "STARKE ABWEHR- Unser Immunsystem - ein medizinisches Wunder und seine Grenzen" humorvoll und... Rezension Teil 1 zum Buch „Starke Abwehr“ von Matt Richtel

Matt Richtel ist Pullitzerpreisträger und Bestsellerautor. Er schreibt in seinem Buch „STARKE ABWEHR- Unser Immunsystem – ein medizinisches Wunder und seine Grenzen“ humorvoll und spannend  über die außergewöhnliche Kraft unseres Immunsystems das sich Krankheiten heldenhaft entgegenstemmt. In 4 anschaulichen Fallgeschichten zeigt er, auf welche Weise unser Immunsystem als Schlüssel zu unserer Gesundheit und als Entscheider über Leben und Tod fungiert.

Eine wirklich enge Bindung hat Richtel seit dem 10. Lebensjahr zu seinem Freund Jason Greenstein, dessen Eltern starke Raucher waren. Jason war eine Identifikationsfigur der Boulden High School Panthers. Sein geliebter Vater, ein starker Raucher, starb mit 56 Jahren an Krebs. Durch den Verlust wurde Jason total rastlos, führte ein hektisches Leben, gründete reihenweise Unternehmen und nahm jedes seiner Projekte mit großer Begeisterung in Angriff.

In den 90er Jahren entwickelte sich zwischen dem Autor und dem Abenteurer Jason eine tiefe Freundschaft mit großen Plänen für die Zukunft. 2010 fühlte sich Jason jedoch ziemlich krank, obwohl er sein Hausmittel – eine Kiste Bier – angewandt hatte. Trotz ärztlicher Behandlung wurde er immer schwächer und bekam die Diagnose Hodgkin-Lymphom, einem Krebs mit angeblich guten Heilungschancen.

Der zweite Fall über den der Autor berichtet, ist Bob, der sich zu Gleichgeschlechtlichen hingezogen fühlte und nachdem ein Freund, dem er sich anvertraute, ihn „Scheißschwuchtel“ nannte, vermied er längere Zeit jeden Kontakt zu Männern, studierte Jura und heiratete eine Frau.  Als seine Mutter von der Homosexualität ihres Sohnes erfuhr, sprach sie 20 Jahre kein Wort mit ihm. Da er später mit einem kranken jungen Mann ungeschützten Sex hatte, steckte er sich mit Hepatitis A einer Infektion, die zwar heilbar ist, gleichzeitig aber auch mit dem HIV-Virus an und sein Immunsystem befand sich im Kampfmodus.

Beim dritten Fall schildert der Autor die Bilderbuchbiographie von Linda, die durch harte Arbeit in ihrer frühen Jugend eine der besten Turnierreiterinnen war, später aber wie ihre Eltern erfolgreiche Golferin wurde, Betriebswirtschaft studierte, heiratete und zwei Kinder bekam. Als sie plötzlich große Schmerzen und eine riesige Schwellung an der großen Zehe bekam, war die Diagnose rheumatische Arthritis.

Bei Meredith, der Schriftstellerin, waren die Symptome nicht so eindeutig wie bei Linda, denn ihre Beschwerden, wie Ausschläge, Magenbeschwerden und Gelenksschmerzen kamen und gingen, bis Merediths Abwehr völlig aus dem Gleichgewicht geriet und in ihrem Körper zu einer tödlichen Gefahr wurde.

Der Autor führt die Leser nun an die Stelle, wo die Wissenschaft die wahre Bedeutung des Immunsystems erkannte, in der Universität von Padua, wo der Forscher Fabricius beim Sezieren eines Vogels ein sackförmiges Organ – heute unter dem Namen „Bursa Fabricii“ bekannt – entdeckte. Der Forscher konnte nicht wissen, dass seine Entdeckung eines Tages Millionen Menschen das Leben retten wird.

1882 entdeckte Ilja Metschnikow unterm Mikroskop bei Seesternlarven durchsichtige Seesternembryonen, die er als wandernde Zellen beschrieb, welche den Organismus gegen Eindringlinge verteidigen können.

Dieses Experiment bildet das Fundament der Phagozytosenlehre. Die wandernden Zellen heißen Phagozyten (Fresszellen). Für Laien erklärt der Autor, dass das Eindringen eines Fremdkörpers in einen Organismus eine Erstreaktion auslöst: Das Ausschwärmen von Fresszellen, welches wir Entzündung nennen.

1891 begann Paul Ehrlich, einer der Väter der Immunologie, nach einem Allheilmittel zu suchen und bereicherte das Glossar der Immunologie mit Zellnamen wie Borsophile und Neutrophile.

Man entdeckte, dass die Immunabwehr eines der komplexesten biologischen Systeme der Welt ist. Der Autor bezeichnet es treffend als „wachsame, allgegenwärtige Friedenstruppe auf dem Fest des Lebens.“

Mit viel Humor schildert Richtel die Vorgänge im Körper, wenn ein Krankheitserreger eindringen will, erklärt wie Bakterien für unser Überleben zuständig sind, es aber auch Bakterien gibt, denen wir keine Nahrungsgrundlage bieten sollten – wie den Viren, die erst wachsen können, nachdem sie in eine Zelle eingedrungen sind.

Als der Autor dieses Buch schrieb, war noch keine Rede vom Corona-Virus.

Er erklärt, dass das HIV eines der fiesesten Viren ist, aber auch, wie wichtig Retroviren für den Organismus sind und dass diese Übeltäter häufig dumm seien, weil sie den Wirt – also uns – töten.

Das Immunsystem sollte einerseits die Entwicklung neuen Gewebes zulassen, andererseits nach schlechten Zellen Ausschau halten und deren Entwicklung verhindern. Das Überleben hängt davon ab, den Unterschied zwischen Körpereigenem und Körperfremdem zu erkennen.

Mit jedem Fortschritt dieser Wissenschaft gab es große Erfolge, die Millionen Leben retteten.

Im Kapitel DAS RÄTSELHAFTE ORGAN erklärt der Autor ausführlich, wie Tuberkulose entsteht und die Erfindung des ersten Antibiotikums, auch, dass die Strahlung der Atombombe in Hiroshima und Nagasaki zum rapiden Anstieg von Leukämie führte und anhand von Tierversuchen festgestellt wurde, dass die Thymusdrüse für das Entstehen von Krebs mitverantwortlich ist.

Dr. Millers Entdeckung der Wichtigkeit der Thymusdrüse für das Immunsystem ist extrem spannend. Zwar stieß er anfangs auf Ablehnung, hatte aber trotzdem damit das erste wichtige Teilchen für die Immunologie gefunden.

Matt Richtel gibt uns eine Ahnung davon, welch unglaublich großartiges Bauwerk unser Körper ist und wie viel die medizinische Forschung bis jetzt geleistet hat.

Im Kapitel DAS B-WORT erfahren wir von der erschütternden Krankengeschichte eines achtjährigen Knaben, der innerhalb von eineinhalb Jahren 18 akute Lungenentzündungen und andere gefährliche Infekte hatte und kaum mehr Immunabwehr aufbauen konnte, obwohl sein Thymus intakt war. Der Fall zeigte die immer noch großen Lücken im Wissen auf.

Dr. Miller und Dr. Cooper entdeckten an Hühnern, dass die Antikörper deutlich absanken, wenn die Bursa entfernt wurde. Die Frage war, woher stammen die Antikörper beim Menschen, der keine Bursa hat.

Bei einem bahnbrechenden Versuch Dr. Millers gelang es, Knochenmark und Thymuszellen zusammenzufügen;  man entdeckte die „Antikörper bildenden Vorläuferzellen“ und zwar aus dem Knochenmark die B-Zellen und aus dem Thymus die T-Zellen.

Richtel schreibt, dass die richtigen Impfstoffe das Immunsystem prägen und lehren und dem Körper die Kraft geben, rascher auf Krankheiten reagieren zu können, da unsere Abwehr oft unzureichend ist.

Interessant ist Richtels Beschreibung über Dr. Jenners großartige Entwicklung des Pockenimpfstoffes gegen das Variolavirus, das bei 30 Prozent der Infizierten zum Tode führte; erwähnt aber auch die Gefährlichkeit einer falschen Zusammenstellung des Impfstoffes, der wie bei der ersten Polio-Reihenimpfung, massenhaft Kinder mit Lähmungen zurückließ.

Der Autor schreibt, dass die großartigste Erfindung in der Geschichte der Medizin die Entdeckung Dr. Flemings ist – aus dem Schimmelpilz Penicillin zu erzeugen.

Im Kapitel DIE UNENDLICHKEITSMASCHINE erklärt der Autor die tausende Jahre alte Entwicklung und Wirkung von Parasiten, die weder auf B- noch T-Zellen reagieren können und der Immunologie große Rätsel aufgaben.

Eine revolutionäre Entdeckung machte der Wissenschaftler Susumu Tonegawa als er Segmente mit den identischen Teilen ausgereifter B-Zellen verglich und ein völlig anderes Bild als mit nicht ausgereiften B-Zellen bekam, denn das genetische Ausgangsmaterial hatte sich verändert.

Im Kapitel TRANSPLANTAIONEN berichtet Richtel, dass Dr. Medawar nach vielen Misserfolgen die erste Nierentransplantation gelang, mit der Erkenntnis, die körpereigenen Abwehrkräfte mit Steroiden dämpfen zu müssen, damit sie das neue Organ nicht als Fremdkörper angreifen. Außerdem schreibt er über eine große Errungenschaft, der Knochenmarks -Transplantation, wo ein Immunsystem auf ein anderes übertragen wird, was Jahre später Jason das Leben retten sollte. Im Jahr 2017 wurden allein in den Vereinigten Staaten 35 000 Transplantationen durchgeführt.

Im 19. Kapitel berichtet der Autor über die Entdeckung der Wissenschaft, eine Zelle mit einem bestimmten Antikörper zu isolieren und unendlich viele Kopien davon herzustellen und über die Entdeckung, dass das Immunsystem mehr Einfluss auf Krankheiten hat, als man sich bis jetzt vorstellen konnte.

Man entwickelte Medikamente, die verhinderten, dass das Immunsystem nicht zu aggressiv wurde und rettete damit zahllose Krebspatienten. Im Idealfall zerstört die Chemotherapie den Tumor, aber leider auch gesundes Gewebe; durch die Anwendung von Nivolumab z.B. soll das Immunsystem dazu gebracht werden, den Krebs mit den natürlichen Abwehrkräften des Körpers anzugreifen. Wissenschaftler fanden heraus, welch große Rolle die im Thymus gebildete T-Zelle hat, da sie offenbar imstande ist, Fremdes von Eigenem zu unterscheiden.

Die Wissenschaftler Medzhitov und Janeway entdeckten den grundlegenden Mechanismus, der den Körper befähigt, zu entscheiden, ob er es mit einer Infektion, einem Virus oder einem Bakterium zu tun hat. Es war die Grundlage dafür, dass ein 2. Immunsystem besteht, eine der wichtigsten Entdeckungen der Immunologie bis Aids, eine der schlimmsten Krankheiten, ausbrach.

Da immer mehr Patienten mit dieser Krankheit verstarben, die homosexuell waren, stellte man fest, dass alle eine geringe Anzahl von T-Zellen hatten. Man fand heraus, dass es Parasiten mit dem Namen Pneumocytis carinii waren. Man gab dieser Geschlechtskrankheit bei der das Immunsystem der Kranken außer Gefecht gesetzt wurde, den Namen GRID.

Ob es die spanische Grippe war, die fast 50 Millionen Menschen das Leben kostete oder die Pest, der die halbe Weltbevölkerung zum Opfer fiel, die Krankheiten hatten eine Gemeinsamkeit, die Patienten starben nicht an der Grippe sondern an der extrem starken Reaktion ihres Immunsystems.

1980 war die Grippe weitgehend erforscht aber GRID oder AIDS, der Supergau der Immunologie, war völlig neu. Da sich die Krankheit explosionsartig verbreitete wurden  Schwule wie Aussätzige behandelt.

Bis 1997 forderte Aids fast 14 Millionen Menschenleben, als endlich Dr. Robert Gallo, unterstützt von großartigen Forschern dem HI-Virus auf die Spur kam. Es gab grünes Licht für ein Medikament, dem ersten Proteaseinhibitor und die Zahl der Aids-Verstorbenen hatte sich gewaltig verringert……

Hier die beiden anderen Teile (der 2. und 3. Teil) unserer Rezension

Rezension: Starke Abwehr – Unser Immunsystem – ein medizinisches Wunder und seine Grenzen von Matt Richtel – Teil 2
https://www.gesundheuteundmorgen.de/rezension-starke-abwehr-unser-immunsystem-ein-medizinisches-wunder-und-seine-grenzen-von-matt-richtel-teil-2/

Rezension Teil 3: Matt Richtel: Starke Abwehr – Unser Immunsystem – ein medizinisches Wunder und seine Grenzen
https://www.gesundheuteundmorgen.de/rezension-starke-abwehr-unser-immunsystem-ein-medizinisches-wunder-und-seine-grenzen-von-matt-richtel-teil-3/


Rezension: Linda Padma

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