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Wie Mikroglia die Entwicklung von Alzheimer beeinflussen Wie Mikroglia die Entwicklung von Alzheimer beeinflussen
Jahrzehntelang wurden Mikroglia kaum beachtet, heute wird ihre Rolle vor allem in Bezug auf Alzheimer diskutiert, wovon weltweit etwa 38,5 Millionen Menschen betroffen sind.... Wie Mikroglia die Entwicklung von Alzheimer beeinflussen

Jahrzehntelang wurden Mikroglia kaum beachtet, heute wird ihre Rolle vor allem in Bezug auf Alzheimer diskutiert, wovon weltweit etwa 38,5 Millionen Menschen betroffen sind. Menschen mit Alzheimer fällt es zunehmend schwer zu kommunizieren, sich an aktuelle Ereignisse zu erinnern und ihnen nahestehende Menschen zu erkennen. Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages erklärte Neurowissenschafterin Sandra Siegert, was Mikroglia mit Alzheimer zu tun haben.

Lange dachte man, Mikroglia dienen dazu, Verletzungen im Gehirn zu heilen und Infektionen zu bekämpfen – mit mäßigem Erfolg, denn schaffen es Krankheitserreger bis ins Gehirn, ist der Schaden meist groß. „Erst Anfang der 2000er Jahre erkannten Forschende, dass Mikroglia auch eine andere Aufgabe haben“, so Sandra Siegert. Mit ihrem Team untersucht die Neurowissenschafterin am Institute of Science and Technology (IST) Austria, welche Rolle Mikroglia im gesunden und im kranken Gehirn spielen. Sie will die Zellen verstehen, um den Weg für neue Therapieansätze für verschiedene Krankheiten, von Depressionen bis Parkinson, zu ebnen. 

Mikroglia können die Verbindungen zwischen den Nervenzellen verändern. Sie gestalten unser Nervensystem aktiv mit“, erklärt die Professorin. In den ersten Lebensjahren, wenn das Gehirn besonders anpassungsfähig ist, befinden sich Mikroglia in einem reaktiven Zustand. Indem sie schwache Verbindungen kappen, verfeinern sie das Netzwerk der Nervenzellen. Später verändern sie ihre Form und beobachten, ob alles funktioniert wie es soll. 

Viele Fragen rund um die winzigen Fresszellen sind noch offen. So auch, ob Mikroglia das Gehirn vor Alzheimer zu schützen versuchen oder es gar zerstören. „Anfangs sieht es so aus, als wollten sie die Krankheit aufhalten. Aber dann scheint es einen Kipppunkt zu geben und sie beginnen das Gehirn zu zerstören“, so Siegert. Bei Menschen mit Alzheimer äußert sich das etwa in Form von Erinnerungslücken, Sprachstörungen und Verhaltensänderungen. Rechtzeitig zu erkennen, wenn Mikroglia von einem beobachtenden in einen reaktiven und, im Fall von Alzheimer, zerstörenden Zustand wechseln, könnte neue Therapieformen ermöglichen. 

Der Unterschied zwischen den kugeligen reaktiven Mikroglia, die Gewebe umschließen und abbauen, und den beobachtenden Mikroglia, deren Fortsätze sich wie Wurzeln durch das Gewebe ziehen, ist deutlich erkennbar. Doch die Übergänge sind fließend.

Tolle Möglichkeiten

Bereits in der Vergangenheit erkannten Forschende, dass Licht, das 40 Mal pro Sekunde flimmert, Mikroglia dazu veranlasst, Eiweißablagerungen im Gehirn zu entfernen, die durch die Alzheimerkrankheit entstehen. In einer kürzlich erschienenen Studie zeigten die Forscher_innen um Sandra Siegert: Flimmerndes Licht kann noch mehr! Sie stimulierten die Mikroglia im gesunden Gehirn mit Licht, das bei 60 Hertz flimmerte und machten es damit wieder empfänglich für neue Inhalte. In Zukunft möchte Siegert untersuchen, wie sich der Effekt bei Depressionen auswirken könnte. 

Headerbild: Bild von Gerd Altmann auf Pixabay 

Vorbeugen statt heilen

„Treiben Sie Sport, ernähren Sie sich gesund und denken Sie viel“, sagt die Neurowissenschafterin. Einen neuen Weg gehen, neue Dinge lernen, sein Gehirn neuen Erfahrungen und Sinneseindrücken aussetzen – das halte jung.

Publikation:

Venturino, Schulz, De Jesús-Cortés, Maes, Nagy, Reilly-Andújar, Colombo, Cubero, Schoot Uiterkamp, Bear, Siegert. 2021. Microglia enable mature perineuronal nets disassembly upon anesthetic ketamine exposure or 60-Hz light entrainment in the healthy brain. Cell Reports. https://doi.org/10.1016/j.celrep.2021.109313 

Dr. Polwin-Plass Lydia Inhaberin und Chefredakteurin

Als promovierte Journalistin / Publizistin und Pressefotografin befasse ich mich mit verschiedenen Themenschwerpunkten: Vertrieb, Marketing, Bildung, Arbeitsmarkt, Kultur und Alternativmedizin. Zu medizinischen Themen konnte ich mir im Laufe der Jahre durch Recherche, Lektüre und das Verfassen zahlreicher Gesundheitsbroschüren viel Wissen und Erfahrung aneignen. Im Frühjahr 2015 gründete ich mein erstes Online Magazin "Metalogy.de" und 2019 folgte "Gesund heute und morgen".