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Amtsgericht und Veterinäramt Hameln verdonnern skrupellosen Schweinemäster zu hoher Geldstrafe, Vorstrafe und Tierhalteverbot Amtsgericht und Veterinäramt Hameln verdonnern skrupellosen Schweinemäster zu hoher Geldstrafe, Vorstrafe und Tierhalteverbot
Kleine Schritte in die richtige Richtung: Nach Aufdeckung von Tierquälerei verurteilt Amtsgericht Hameln skrupellosen Schweinemäster zu hoher Geldstrafe und Vorstrafe – Veterinäramt spricht Tierhalteverbot... Amtsgericht und Veterinäramt Hameln verdonnern skrupellosen Schweinemäster zu hoher Geldstrafe, Vorstrafe und Tierhalteverbot

Kleine Schritte in die richtige Richtung: Nach Aufdeckung von Tierquälerei verurteilt Amtsgericht Hameln skrupellosen Schweinemäster zu hoher Geldstrafe und Vorstrafe – Veterinäramt spricht Tierhalteverbot aus.

2022 veröffentlichte die Tierrechtsorganisation ANINOVA (damals noch unter dem Namen Deutsches Tierschutzbüro) erschreckende Bilder aus einem Betrieb in Hessisch Oldendorf (Landkreis Hameln-Pyrmont, Niedersachsen). Das Bildmaterial zeigte, unbehandelte kranke und verletzte Tiere und löste bundesweite Empörung aus. Diese führte zu einem Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Hameln. Das Gericht verurteilte nun den Landwirt zu 160 Tagessätzen à 230 Euro (36.800 Euro), er gilt damit als vorbestraft. Zudem muss er die Verfahrenskosten von ca. 15.000 Euro zahlen. Das zuständige Veterinäramt in Hameln sprach bereits im vergangen Jahr ein Tierhalteverbot aus. Auf Grund des Urteils sperrt QS nun den Betrieb und die „Initiative Tierwohl“ entzieht dem Landwirt das Siegel. „Auch wenn wir uns höhere Strafen für Tierquälerei wünschen, so sehen wir in diesem Urteil einen Erfolg, denn in der Vergangenheit sind Tierquäler oft straffrei davon gekommen“, so Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von ANINOVA e.V.

Zu insgesamt sieben Westfleisch-Zulieferbetrieben lieferte ANINOVA erschreckendes Video- und Fotomaterial. In allen dokumentierten Betrieben wurden Schweine gequält, teilweise auch von den Mitarbeitenden misshandelt. Bei Westfleisch handelt es sich um einen der größten Fleischproduzenten in Deutschland mit eigenen Schlachthöfen. Einer der betroffenen Mastbetriebe liegt in Hessisch Oldendorf (Landkreis Hameln-Pyrmont, Niedersachsen). Laut ANINOVA wurden hier mehrfach Tierquälerei und Misshandlungen von Schweinen dokumentiert. Im „Vorzeigebetrieb“ werden rund 850 Mastschweine gehalten.Damals präsentierte Westfleisch den Betrieb noch auf der firmeneigenen Website. Der Landwirt lachte in die Kamera, im Hintergrund war ein idyllischer Hof mit kleinen Stallungen zu sehen. Die Mastanlage wurde als familiengeführt und mit dem Image vom „Bauern von nebenan“ dargestellt. „Die PR-Fotos und der Eintrag auf der Westfleisch-Website wurden allerdings recht schnell offline genommen, als wir das Bildmaterial aus dem Stall veröffentlicht haben„, sagt Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender von ANINOVA.

Die Bauernhofidylle sucht man auf den Undercover Aufnahmen von ANINOVA vergeblich. Dutzende kranke und verletzte Tiere sind auf den Bildaufnahmen zu sehen. Später zeigen die Aufnahmen, wie der Landwirt die Tiere unter illegalem Einsatz von Elektroschockern auf den Westfleisch-Tiertransporter getrieben hat. „Die Bilder haben mich damals sprachlos gemacht“, erinnert sich Peifer.
Die Tierrechtsorganisation hat Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg erstattet (AZ 1106 Js 25990/22). Nach Abschluss der Ermittlungen wurde ein Strafbefehl über 110 Tagessätze erlassen. Gegen diesen ist der Landwirt allerdings rechtlich vorgegangen. Daher kam es zum Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht in Hameln. U.a. wurde vor Gericht eine Gutachterin angehört. Sie hat im Auftrag der Staatsanwaltschaft Oldenburg das von ANINOVA eingereichte Bildmaterial bewertet. Sie kam zum Ergebnis, dass in 14 Fällen Schweinen erheblich Leid und Schmerzen zugefügt wurden. Dadurch war der Tatbestand der Tierquälerei erfüllt. „Die Tiere wurden einfach sich selbst überlassen“, sagt Peifer. Besonders schockierend war die Auswertung der Betreuungszeit pro Tier, die der Landwirt und seine Mitarbeitenden aufbrachte. Demnach betrug diese insgesamt nur 0,5 – 1 Sekunde pro Tier und Tag. „Völlig absurd, dass sich der Landwirt bis heute als Vorzeigebetrieb bezeichnet“, so Peifer.

Auch wurde vor Gericht eine Mitarbeiterin des zuständigen Veterinäramts in Hameln angehört. Das Veterinäramt wurde damals auch von ANINOVA (damals noch Deutsches Tierschutzbüro) informiert. Bei einer unangekündigten Kontrolle im Betrieb wurden ebenfalls Tierquälerei und massive Tierschutzverstöße festgestellt. Der Landwirt selbst verstrickte sich vor Gericht in massive Widersprüche und wirkte unglaubwürdig. Die Richterin verurteilte ihn zu 160 Tagessätzen à 230 Euro (36.800 Euro), damit gilt der Landwirt als vorbestraft. Zudem muss er die Verfahrenskosten von ca. 15.000 Euro zahlen. „Wir würden uns natürlich deutlich höhere Strafen wünschen, aber wir sind zufrieden mit dem Urteil“, so Peifer und ergänzt: „In den meisten Fällen von Tierquälerei passiert am Ende überhaupt nichts“.
Nach dem Urteil reagierte auch QS und sperrte den Betrieb für den Verkauf von Fleischprodukten in deutschen Supermärkten. Auch die Initiative Tierwohl reagierte und entzog dem Landwirt das Siegel. Bereits im letzten Jahr hatte Westfleisch die Zusammenarbeit mit dem Landwirt beendet.
Abschließend verweist Jan Peifer darauf, dass diese Verurteilung nur auf die Aktivitäten des Vereins ANINOVA zurückzuführen sind. „Ohne uns hätte niemand von diesem Skandal mitbekommen. Die staatlichen Kontrollen in Deutschland versagen komplett. Tiere kann man letztlich nur schützen, wenn wir sie nicht essen“, so Peifer. Laut Auskunft der Bundesregierung wird durchschnittlich nur alle 17 Jahren eine Mastanlage in Deutschland kontrolliert, in Niedersachsen durchschnittlich sogar nur alle 21 Jahre. 

Der Fokus von ANINOVA e.V. liegt in den Bereichen Massentierhaltung und Pelz. Die Tierrechtsorganisation zeigt mit Aufdeckungen und Undercover Recherchen auf, wie sogenannte Nutztiere in Deutschland gehalten werden.  Die bundesweit tätige Organisation ist gemeinnützig und beteiligt sich an der „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“. Weitere Informationen unter www.aninova.org

Headerbild „totes Schwein“ und Quelle: ANINOVA

Dr. Polwin-Plass Lydia Inhaberin und Chefredakteurin

Als promovierte Journalistin / Publizistin und Pressefotografin befasse ich mich mit verschiedenen Themenschwerpunkten: Vertrieb, Marketing, Bildung, Arbeitsmarkt, Kultur und Alternativmedizin. Zu medizinischen Themen konnte ich mir im Laufe der Jahre durch Recherche, Lektüre und das Verfassen zahlreicher Gesundheitsbroschüren viel Wissen und Erfahrung aneignen. Im Frühjahr 2015 gründete ich mein erstes Online Magazin "Metalogy.de" und 2019 folgte "Gesund heute und morgen".